Zeitgemäß zu sein, wird gern und häufig in Anspruch genommen. Die nachfolgende Liste von Merkmalen umreißt, wie sich zeitgemäße Prüfungskultur charakterisieren lässt. Sie soll den Dialog über einen begründeten Anspruch auf Zeitgemäßheit fördern.
In einer zeitgemäßen Prüfungskultur sind Prüfungen sinnvolle Erfahrungen und kein Reproduzieren zur Erfüllung vordefinierter Erwartungshorizonte, was als wenig sinnvoll erlebt wird.
In einer zeitgemäßen Prüfungskultur sind Prüfungen Orte gelingender Kommunikation und keine Sonderzone, in der Kommunikation ohne persönliche Relevanz nach formalen Kriterien erfolgt.
In einer zeitgemäßen Prüfungskultur setzen Prüfungen vorherige Lernprozesse fort und beenden sie nicht mittels einer vermeintlich objektiven Leistungsmessung unter dem Druck kontrollierter Bedingungen.
In einer zeitgemäßen Prüfungskultur sind Prüfungen auf wachsendes und nachhaltiges Verstehen ausgerichtet, nicht auf das Nachweisen bestehenden Wissens oder bereits erworbener Kompetenzen.
In einer zeitgemäßen Prüfungskultur sind Prüfungen Orte motivierten und interessierten Arbeitens und verlassen sich nicht auf einen äußerlichen Zwang zur Teilnahme, die auch ohne innere Beteiligung erfolgen kann.
In einer zeitgemäßen Prüfungskultur sind Prüfungen dialogisch angelegt. Sie geben durch Zutrauen, Rückmeldung und Begleitung nachhaltige Anerkennung, so dass Beurteilung und Noten zurücktreten oder wegfallen können.
In einer zeitgemäßen Prüfungskultur sind Benotungen ein dem eigentlichen Ziel des Lernens äußerliches Erfordernis und kein ausreichender Grund zur Durchführung von Prüfungen.
In einer zeitgemäßen Prüfungskultur wird jungen Menschen mit Vertrauen statt Kontrolle begegnet. Jedem ist ein Wert zu eigen, der keines erst noch zu erbringenden Leistungsnachweises bedarf.
In einer zeitgemäßen Prüfungskultur erleben sich Menschen als gleichwertige Teile, die in Gemeinschaftlichkeit miteinander verbunden sind. Sie bauen ihr Selbstwertgefühl auf Anerkennung und nicht über gegenseitige Leistungsvergleiche auf.
In einer zeitgemäßen Prüfungskultur dienen Prüfungen dem Lernen, sind die einzelnen Prüfungsformate nicht auf das Ein- und Aussortieren optimiert, sondern auf die Eignung für die persönliche Entwicklung der Lernenden.